Mittwoch, 29. Februar 2012

Natur - vom siechenden Gott

Natur - vom siechenden Gott
Natur - das ist ein Begriff aus Tagen, in denen die Welt noch nicht ganz so totergründet schien wie heute. Ein Ding, das nicht von uns geschaffen und vielleicht gerade deshalb größer ist als wir. Unergründlich schön und furchtbar zugleich.

Angesichts der heutigen Naturzerstörung, gibt es unter den mannigfaltigen theoretischen Ansätzen zur Begründung des Naturschutzes auch den Ansatz die Natur müsse als Objekt mit Selbstwert auch um ihrer selbst Willen geschützt werden.

Schutz, das ist etwas, das wir nur Dingen gewährleiste können, die kleiner sind als wir. Die Natur wird als schwächelnd angesehen, sodass es für Vertreter dieser Ansicht und die Vertreter eines laut ihnen folgenlosen Raubbaus an der Natur gleichermaßen schockiert sein müssen, wenn dieses schwache Ding plötzlich die Zähne fletscht.

Entscheiden wir uns also derartige Almosen an ein Ding zu verteilen, das durchaus geeignet ist uns zu töten, so wird klar wie besiegt dieses Ding uns vorkommen muss. Es handelt sich um eine Form von Respektverlust, die wohl kaum wieder rückgängig zu machen ist, wenn wir annehmen die Natur benötige unseren Schutz, um weiterhin zu bestehen.

Wir sind der Natur entfremdet, wissen nicht mehr was Kälte, was Strapaze, was Ehrfurcht ist.

Und spätestens bei der Forderung nach der Wiederherstellung einer „menschenwürdigen Umwelt“, muss man sich fragen, ob der Mensch, der die heutige Umwelt ja geschaffen hat, seines Handelns und somit auch seiner Selbst überhaupt noch würdig ist.

Wider das Vielleicht
Nehmen wir allerdings an, die aus dem Gleichgewicht geratene Natur sei in der Lage dem Menschen die Lebensgrundlage zu entziehen und ein Zurückweichen diene also immer nur seinem Schutz und Vorteil, so nehmen wir automatisch eine antagonistische Haltung gegenüber der Natur ein.

Die einzig andere Lösung scheint, dass wir erneut Demut lernen, die Grenzen unseres Erkennens wie sie in den heutigen Wissenschaften langsam aber sicher wieder ins Bewusstsein treten, im wahrsten Sinne des Wortes zu spüren bekommen.
Der Ikarusflug der Moderne ist vorbei. Der Mensch darf nicht mehr an den Menschen glauben, sein Stolz sei gebrochen und das Nietzschegeheul nach Absolutem verstumme.

In dieser Nach-Moderne würde sich die Kontingenz unseres Seins wieder herstellen, unser Glaube wäre der Selbstzweifel und unser Wesen die Menschlich- statt die Übermenschlichkeit.

So haben wir die Wahl wieder zu kriechen oder die Maschine unserer Geschichte an zeitene Wände zu fahren.

Samstag, 18. Februar 2012

Freiheitsangst oder die Selbstversklavung des Menschen

„Freiheit statt Kapitalismus“ lautet der Titel von Sahra Wagenknechts Abhandlung über die Untiefen der Wirtschaftspolitik. An dieser Stelle möchte ich mich eingehend mit den Implikationen des Titels befassen und weniger mit denen des Inhalts.

Freiheit, das ist laut Lexikon die Möglichkeit sich ohne innere oder äußere Zwänge zwischen verschiedenen Möglichkeiten entscheiden zu können. Also erst einmal die negative Freiheit, die genau diesen Sachverhalt beschreibt, ohne dass einer solchen Freiheit Handlungen folgen müssten und die positive Freiheit, die sich einstellt, wenn diese Handlungsoptionen tatsächlich genutzt werden.

Im Prinzip stellt Freiheit also einen Zustand dar, in dem die Grenzen, die unserem Handeln gesetzt sind, besonders gering ausfallen. Das Wegfallen von Regulation also, soll heißen: Deregulation.

Diese ist nun allerdings die argumentative Lieblingsbeute der LINKEN. Freiheit ist laut ihnen nicht die Verwahrlosung, die sich unter solchen Umständen einstellen würde.

Nun aber sollte man sich fragen, wessen Eigendynamik hier eigentlich entfesselt wird?

Zweifelsohne die der Wirtschaft.

Nun könnte man jedoch so vermessen sein zu behaupten Wirtschaft stehe nicht antithetisch Begriffen wie Gesellschaft und Gerechtigkeit gegenüber, sondern alles seien Facetten des einen Dinges Mensch.

Die erste Sichtweise ist sicherlich eine legitime Annahme. Wie sollte ein zutiefst im Erbe der Dialektik verwurzeltes Prinzip Bestand haben, wenn es keine Gegensätze gäbe, die sich im Wettstreit befinden könnten und vielmehr alle Gegensätze nur Teil eines Dinges wären, in dessen Grenzen sie sich bewegen könnten?

Das Weltbild der LINKEN muss daher aus solchen Gegensätzen aufgebaut sein. Reich, Arm, Unrecht, Gerechtigkeit, Unverantwortlichkeit, Verantwortlichkeit.

Deregulation, das heißt im Prinzip auch Degesellschaftung.

Gesellschaften beruhen auf den emotionalen Banden zwischen verschiedenen Individuen oder solchen der schieren Abhängigkeit.

Um solche Bande aufrechtzuerhalten, braucht es jedoch verantwortungsvolles Verhalten von mindestens einem der Beteiligten. Der Mensch macht Zugeständnisse, damit seine Beziehungen weiterhin funktionieren.

Hinzu kommt, dass die meisten von uns diese emotionalen Bande als integralen Teil ihres Lebens empfinden oder zumindest nicht anders könnten, als in irgendeiner Form von den Menschen, ihren Erzeugnissen oder ihren Institutionen anhängig zu sein.

Als Zustand in dem dieses nicht gegeben wäre, würde nur eine Situation so vollkommener sozialer Isolation in Frage kommen, wie sie die meisten Außenseiter und Randgruppen niemals aufweisen werden können.

Fakt ist, dass die Teilhabe an der Gesellschaft uns gewisse Handlungsnormen aufzwingt, entsprechend derer wir uns zu verhalten haben. Da es unser innerstes Bedürfnis ist, in irgendeiner Form an dieser Gesellschaft teilzuhaben, in sie im wahrsten Sinne des Wortes hineingeboren werden, beugen wir uns generell ihren Regeln.

Nur in einem Zustand der Degesellschaftung wäre der Mensch somit vollkommen frei.

Nun wird die Deregulierung, die ja Voraussetzung für die Degesellschaftung wäre, von der LINKEN negativ bewertet.
Die Deregulation bringt Elend mit sich, sie lässt die Menschen einander schaden, befähigt sie die Wölfe der ihrer eigenen Rasse zu werden.

Die einzig logische Konsequenz scheint also zu sein, dem hobbschen Urwald zu entsagen und dem fatalen Treiben Einhalt zu gebieten. Der Staat soll es richten, Regeln aufstellen und diese auch durchsetzen.

Man muss zugeben: ein wenig Optimismus ist schon von Nöten, um Liberaler zu sein. Die Eigendynamik unseres Wesens gereicht uns laut ihnen letztendlich zum Vorteil, der Mensch ist – wenn man es denn in einfachen Begriffen umschreiben möchte – gut.

Dementsprechend müssten die Vertreter der Gegenposition annehmen, dass dem Menschen durchaus die Fähigkeit zu Eigen sei, sich selbst zu zerstören. Natürlich steht dies alles unter der Prämisse, dass sich im Wirtschaftsgeschehen menschliche Wünsche, Gefühle und Macken offenbaren und Banker am Ende doch derselben Spezies angehören wie Sie und ich.

Im ersten Falle kann der Mensch also angstfrei sein Dasein fristen, während er im zweiten ständig darum fürchten muss, von seinesgleichen bedroht zu werden.

Diese Angst das eigene Selbst könnte Schaden nehmen, offenbart das Bedürfnis des Menschen nach der Sicherheit des eigenen Lebens. Dieses Sicherheitsbedürfnis nun wieder ist dem Bedürfnis nach Freiheit entgegengesetzt, da Freiheit wie erwähnt auch immer den Faktor der Trennung von gesellschaftlichen Banden und somit des Risikos in sich trägt.

Das Verlangen nach Sicherheit gebietet zudem selbstverständlich die Ausschaltung von allem, was diese Sicherheit in zu großem Maße zu bedrohen scheint.

Was nun einsetzt kann getrost als „Hang zur Selbstversklavung“ bezeichnet werden. Auch Hobbes führt jegliche Staatsbildung - oder eben auch die Stärkung der Befugnisse desselbigen - auf die Angst des Menschen vor dem Menschen zurück.

Bestand die einzige Unfreiheit des Menschen einst in der Notwendigkeit für sich selbst eintreten zu müssen, so besteht sie bald in der Unterwerfung unter Grundsätze, die seine Sicherheit gewährleisten.

Angesichts des Gefühls der Sicherheit kann allerdings fast so etwas wie eine Empfindung von Freiheit aufkommen, während absolute Freiheit, wenn sie überhaupt möglich ist, doch wenigstens furchtbar sein muss.

Freiheit, das bedeutet für uns auch Freiheit von Angst, während absolute Freiheit diese oft mit sich führt. Was uns zu befreien scheint, sind also unsere Ketten, während unsere Ketten aus unserer Freiheit geschmiedet sind.

Der Leviathan hebt sein Haupt und was ihn beschwört ist das menschliche Verlange nach Sicherheit.

Auch was man derzeit als die Auswüchse des Kapitalismus bezeichnet, sind in der Tat die Auswüchse des menschlichen Wesens, sodass wir letztendlich uns selbst unterdrücken, um uns zu erretten.

Wie effektiv kann ein solcher Schritt jedoch sein, wenn das Behemoth sich selbst in seine Schranken weist? Denn auch jeder, der die Regulation der Deregulation durchführen würde, ist doch auch letzten Endes nur Mensch.

Frau Wagenknecht hätte also besser daran getan auf den Seitenhieb auf die Parole „Freiheit statt Sozialismus“ zu verzichten und ihr Werk stattdessen „Sicherheit statt Kapitalismus“ zu taufen.

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